raumwerk#11 Elke Nierderreuther Wilhelms
raumwerk #11
Ausstellung
Elke Niederreuther Wilhelms
Malerei | Zeichnung
„Mal Elefant, mal elegant“ – so titelt die Süddeutsche Zeitung anlässlich unserer aktuellen Ausstellung.
Die positive Berichterstattung freut uns ganz besonders, da die Ausstellung ja leider ohne Eröffnungsfeier starten musste.
Ausstellungsdauer
20. August – 17. Oktober 2020
verlängert bis 21. November
Die Ausstellung findet an zwei Orten statt :
raumwerk – München Westend »
Kunststück – Dießen am Ammersee »
»Wenn man lebt, passiert nichts«, schrieb Jean Paul-Sartre 1938. »Aber wenn man das Leben erzählt, verändert sich alles.« Es wird geordnet. Nach Ursache und Wirkung, Absicht und Zufall, Banalitäten und Wundern. Das gleiche Material kann zu unzähligen unterschiedlichen Erzählungen zusammengesetzt werden. Eine wahre Ordnung existiert nicht. Um ein Leben zu erzählen, stehen Worte und grammatische Regeln zur Verfügung, die der Heranwachsende sich aneignet. Der Sinn der Satzelemente läßt sich in Wörterbüchern nachschlagen, was richtig, falsch oder verfremdet ist, entscheidet die Grammatik. In der Sprache herrscht relative Einigung darüber, welche Zeichen sich auf welches Objekt bezieht.
Das Leben zu malen ist anders. Einer Malerin, die die Welt in ein Bild transformieren will, steht eine Zeichenmenge dieser Art nicht zu verfügen, ein Vokabular, dass gezählt, klassifiziert und in einem Verzeichnis zusammengefasst wurde. Sie entwickelt aus Form und Farbe Ausdrucksmöglichkeiten, die sich in ihren Nuancen, Übergängen und Kombinationen einer Einteilung widersetzen. Malerische Erzählungen lösen sogar Ordnungen auf, die in die Sprache eingeschrieben sind: Eine Katze erscheint nicht mehr als lebendiges Säugetier, das sich fremd von der leblosen Pflanzenwelt absetzt. Sie erscheint als Teil einer kontinuierliche Welt, in der die Eindeutigkeit dieser Differenzen verschwindet. Die Malerin Elke Wilhelms hat eine überraschende, malerische Sprache entwickelt, die Wirklichkeiten schafft, die das Begehren erzeugen, diesen Blick auf die Welt teilen zu können. Ihre Akte, Landschaften, Porträts und Stilleben stehen mit der Welt in einer Beziehung der Ähnlichkeit, sie definiert jedoch die Elemente dieser Welt und ihre Verbindungen immer wieder neu. Dabei setzt sie keine scharfen Messerschnitte an, wie sie Novalis für die Tätigkeit des Naturforschers beschrieb, der den inneren Bau der Natur erforschen will. Sie gleicht vielmehr dem von Novalis beschriebenen Künstler und verfolgt das »Flüssige und Flüchtige mit leichtem Sinn.« … zeigt sich ebenso wie in den Akten, Porträts und Stilleben. Dem Zwang zur Vollendung, wie ihn Honoré de Balzac in »Le chef d’oeuvre inconnu« beschrieb, begegnet Elke Wilhelms dabei mit Gelassenheit. Formen bleiben angedeutet, das Papier bleibt unbemalt oder wird im Nachhinein durch Risse oder Kratzer freigelegt. Das weiße Papier wird in einen Raum der Imagination transformiert.
. Die Aktdarstellungen, die in den vergangenen Jahrzehnten entstanden, sind außergewöhnlich und überschreiten die Traditionen des Genres. Die Künstlerin schafft nicht allein raffinierte Studien des ruhenden und bewegten Körpers. Es sind individuelle Porträts, die den ganzen Körper umfassen: die Extremitäten, den Rumpf, das Gesicht. Elke Wilhelms hebt die hierarchische Trennung zwischen dem Individuellem, dem Gesicht, und dem Allgemeinen, dem Körper, auf. Sie zeigt, was vielleicht, entgegen kultureller Normen, wahrnehmbar wäre, dass sich das Individuum an der Haltung seiner Schulter in gleichem Maße erkennen ließe wie an den Zügen seines Gesichtes.
Elke Wilhelms reiches künstlerisches Werk hat jene zwei Ebenen entwickelt, die die Komplexität der figurativen Malerei bestimmen. Zum einen erzählt sie das Leben. Gleichzeitig erzählt sie von der Kunst des Erzählens, von der Kunst der Malerei selbst. Sie erzählt davon, wie Geschichten entstehen, die nicht nur eine Verbindung zur Welt erzeugen und den Blick auf sie verändern, sondern die durch ihre künstlerischen Raffinesse und Feinheit, die Welt außerhalb des Bildes vergessen lassen können. Margit Rosen
»… Elke Wilhelms zielt auf die Veranschaulichung der in der Natur enthaltenen poetischen Möglichkeiten. Sie zielt auf das visuelle Gedicht.« Prof. Dr. Werner Haftmann
»In den Arbeiten von Elke Wilhelms ist Kunst die sichtbare Spur der Einfühlung eines einzelnen nachdenklichen Menschen in das Wesen der Erscheinungen, in Schönheit, Vergänglichkeit, Tod. Ein Wesen, das sie am Beispiel von Landschaft gleichnishaft vergegenwärtigt in der Begegnung heller und dunkler Farbmassen, bewegter und ruhiger Strukturen, in der Verschränkung von Nähe und Ferne. Ein Wesen, ein Prozess, den sie … zu verwirklichen beginnt in einem ebenso schöpferischen wie zerstörerischen Umgang mit dem Material selbst.« Hannelore Ahorn (N.Z.)
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